Praktische Fragen zur Firmengründung in Ungarn

Mit unserem Merkblatt verfolgen wir das Ziel, unseren bereits bestehenden und zukünftigen Kunden bei der Vorbereitung einer geplanten Firmengründung in Ungarn Hilfe zu leisten.

I. Wahl der entsprechenden Rechtsform 

Neben den im Gesetz IV aus dem Jahre 2006 über die Handelsgesellschaften genannten Rechtsformen (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft, Vereinigung) kennt das ungarische Recht noch zahlreiche Rechtsformen, wie z.B. die Einzelfirma, direkte Handelsvertretung von Ausländern, Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens, Immobilienfonds usw. Bei der Wahl der dem vorgesehenen Wirtschaftsziel am besten entsprechenden Rechtsform ist eine Konsultation in Bereichen Rechts und Rechnungslegung sehr ratsam. Unter Rücksicht darauf, dass unsere Mandanten meistens eine der im Gesetz über die Handelsgesellschaften genannten Firmen auswählen, werden wir im Folgenden die für diese Handelsgesellschaften relevanten Vorschriften erörtern.

II. Die Rechtsformen gem. Gesetz IV aus dem Jahre 2006 sind die Folgenden:

  • II.a) Die Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft üben
    (Abk. OHG / „kkt”) neben ihrer unbeschränkten und solidarischen Haftung eine gemeinsame geschäftsmäßige Wirtschaftstätigkeit aus und stellen die für diese benötigten Bareinlagen der Gesellschaft zur Verfügung.
  • II.b) Die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft (Abk. KG / „bt”) verpflichten sich mit der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags zur Ausübung einer gemeinsamen geschäftsmäßigen Wirtschaftstätigkeit und zwar in der Weise, indem mindestens ein Gesellschafter (Komplementär / Vollhafter) den Gläubigern gegenüber persönlich und gesamtschuldnerisch mit ihrem gesamten Vermögen für die durch das Vermögen der Gesellschaft nicht gedeckten Verbindlichkeiten der KG haftet und die Haftung mindestens einer der Gesellschafter (Kommanditist / Teilhafter) auf seine Einlagen gem. Gesellschaftsvertrag beschränkt ist, für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft - außer Ausnahmen lt. Gesetz - haftet er nicht.
  • II.c) Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Abk. GmbH / „kft”) ist eine Gesellschaft, die mit Stammkapital (gezeichnetem Kapital) bestehend aus Stammeinlagen in festgesetzter Höhe gegründet wird und bei der die Verpflichtung der Gesellschafter auf die Leistung ihrer Stammeinlagen und auf eventuelle sonstige Leistungen gem. Gesellschaftsvertrag beschränkt ist. Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften die Gesellschafter -außer Ausnahmen lt. Gesetz – nicht.
  • II.d) Die Aktiengesellschaft ist eine Gesellschaft, die mit einem Grundkapital (gezeichnetem Kapital) bestehend aus Aktien in festgesetzter Anzahl und Höhe gegründet wird, und bei der die Verpflichtung des Gesellschafters (Aktionärs) gegenüber der Aktiengesellschaft auf die Leistung des Nennwertes oder Emissionswertes der Aktien beschränkt ist. Für die Verbindlichkeiten der Aktiengesellschaft haftet der Aktionär - außer Ausnahmen lt. Gesetz – nicht. Die Aktiengesellschaft kann als börsennotierte oder als nicht börsennotierte Aktiengesellschaft gegründet werden. Die Bezeichnung Aktiengesellschaft muss entsprechend der Rechtsform mit dem Zusatz „Zrt” oder „Nyrt” ergänzt werden.
  • II.e) Die Vereinigung ist eine über eine Rechtspersönlichkeit verfügende Kooperationsgesellschaft, die von den Mitgliedern zur Förderung wirtschaftlicher Erfolge, zur Harmonisierung der wirtschaftlichen Tätigkeit und zur Vertretung ihrer beruflichen Interessen gegründet wird. Die Vereinigung bemüht sich nicht, eigene Gewinne zu erzielen, für Schulden die das Vermögen der Vereinigung übersteigen haften die Mitglieder unbeschränkt und solidarisch. Die Vereinigung kann zur Unterstützung der Erfüllung ihrer Harmonisierungsaufgaben auch sonstige Leistungen erbringen und gemeinsame wirtschaftliche Tätigkeiten (nachfolgend zusammen: ergänzende wirtschaftliche Tätigkeiten) ausüben. 

III. Haftungsfrage der Gesellschafter

Wie auch die Definitionen im Kapitel II zeigen ist die Haftung der Gesellschafter der OHG unbeschränkt, bis bei der KG neben der unbeschränkten Haftung des Komplementärs die Haftung des Kommanditisten auf die Leistung seiner Einlage beschränkt ist.

Bei der GmbH und AG ist die Haftung des Gesellschafters / Aktionärs - gem. Hauptregel – nur auf die Leistung seiner Stammeinlage bzw. des Wertes seiner Aktien beschränkt und für die Schulden der Gesellschaft haftet der Gesellschafter / Aktionär nicht.

Die beschränkte Haftung stellt für den Gesellschafter / Aktionär aber keinen vollkommenen Schutz dar, im Gesetz sind mehrere Bestimmungen enthalten, wo die beschränkte Haftung des Gesellschafters überschrieben wird. (z.B. Bestimmungen für die Vorgesellschaften, Entscheidungen, die wichtige Interessen der Gesellschaft verletzen).

IV. Nachdem in Kenntnis über die Haftung der Gesellschafter eine geeignete Rechtsform gewählt wurde, sind die folgenden Fragen hinsichtlich der zu gründenden Firma zu entscheiden. 

(1) Firma

In der Firma müssen die Bezeichnung der gewählten Rechtsform und mindestens ein Leitwort enthalten sein.

Die Bezeichnung der Firma muss sich von anderen im Gebiet des Landes eingetragenen Firmenbezeichnungen unterscheiden und darf nicht den Schein erwecken, der insbesondere die Geschäftsfelder und die gewählte Rechtsform betrachtet zur Verwechslung führen könnte.

Hinsichtlich Firma besteht die Möglichkeit, die gewählte Bezeichnung der Firma für 60 Tage in einem Vorverfahren zu reservieren. Im Reservierungsverfahren können fünf Bezeichnungen für die Firma und hierbei auch eine Reihenfolge für Namen und Präferenz angegebenwerden. Über die Reservierung der Bezeichnung für die Firma wird das Gericht einen Beschluss fassen, auf dessen Grund der Begünstigte im Beschluss für 60 Tage das Recht erwirbt, eine Firma mit dem gegebenen Namen zu gründen. 

(2) Sitz:
Der Sitz der Firma ist auch als Büro der Firma eingetragen. Das eingetragene Büro ist auch die Postanschrift der Firma, d.h. der Ort, wo die Zustellung der geschäftlichen und amtlichen Schriftstücke erfolgt, die dann mit Eingangsvermerk versehen, aufbewahrt und bereitgestellt werden und wo die in einer Sonderrechtsnorm vorgeschriebenen, mit dem Sitz zusammenhängenden Verpflichtungen erfüllt werden. Der Sitz der Firma ist mit einem Firmenschild zu kennzeichnen.

Den Rechtstitel der Nutzung des Firmensitzes hat der Antragsteller im Eintragungsverfahren zu bestätigen, d.h. bei Liegenschaften im Besitz von Dritten muss die Nutzung der Liegenschaft als Firmensitz vom Eigentümer genehmigt werden.

(3) Die Geschäftsfelder

In der Gründungsurkunde der Firmen muss das Kerngeschäft genannt werden und besteht die Möglichkeit, auch andere Geschäftsfelder anzugeben. Das ungarische Recht hat ein festgesetztes System für Tätigkeiten, d.h. die Geschäftsfelder sindausdem Verzeichnis der Geschäftsfelderzu wählen. (Die ungarische Bezeichnung Tevékenységek Egységes Ágazati Osztályozási Rendszere –TEÁOR / dt.: Klassifikation der Wirtschaftszweige / NACE) 

Vor Gründung einer Firma sind - hinsichtlich der vom Unternehmen auszuübenden Tätigkeiten - die für die gegebene Tätigkeit einschlägigen Vorschriften unbedingt zu prüfen, weil viele Tätigkeiten nur im Besitz von Genehmigungen aufgenommen werden können.

(4) Vertretung, Zeichnung der Firma

Die für die Vertretung der Firma einschlägigen Vorschriften werden in für die gegebene Rechtsform maßgebender Rechtsnorm festgesetzt. Der Vertreter der Firma bei OHG und KG heißt Geschäftsleiter, bei GmbH Geschäftsführer, bei nicht börsennotierter AG Vorstand oder Generaldirektor und bei börsennotierter AG Vorstand.
Die Zeichnungsberechtigung stellt eine Berechtigung zur schriftliche Vertretung d.h. zur Unterzeichnung im Namen der Firma. Die organisatorische Vertretung und die Art der Firmenzeichnung können nur identisch sein.
Die Art der Firmenzeichnung kann einzeln oder gemeinsam sein. Bei mehr als zwei Zeichnungsberechtigten kann die Firma verfügen, dass bestimmte Zeichnungsberechtigte einzeln und andere gemeinsam zur Zeichnung berechtigt sind oder eine von den zur gemeinsamen Zeichnung berechtigten Personen immer bestimmte Person ist.
Die gleiche Person kann die Firma entweder nur einzeln oder nur gemeinsam mit einer anderen Person zeichnen. Sowohl die einzelne als auch die gemeinsame Zeichnungsberechtigung kann beschränkt werden. Diese Beschränkung hat jedoch gegenüber Dritten keine Geltung.

(5) Angaben zum Gesellschafter

Für die Gründung einer OHG oder KG müssen mindestens zwei Gesellschafter vorhanden sein. Die Gründung einer GmbH und AG ist auch mit einem Gesellschafter zulässig.
Bei einem Privatperson-Gesellschafter werden persönliche Angaben
(vollständiger Name, Geburtsort und -datum, Geburtsname der Mutter und Wohnsitz) verlangt.
Bei einem ausländischen Gesellschafter, die juristische Person ist, sind HR-Auszug der juristischen Person und dessen ungarische Übersetzung von einem hierzu gesetzlich ermächtigten Übersetzungsbüro im Verfahren einzureichen.

(6) Die Zahlung des Grundkapitals in Mindesthöhe

Bei OHG und KG ist keine Mindesthöhe hinsichtlich Grundkapitals vom Gesetz vorgeschrieben, bei GmbH soll die Mindesthöhe des Stammkapital 500.000 HUF, bei einer nicht börsennotierten AG 5 Millionen HUF und einer börsennotierten AG 20 Millionen HUF betragen.

(7) Dauer der Gesellschaft

Eine Gesellschaft kann gem. Verfügung im Gesellschaftsvertrag befristet und unbefristet gegründet werden.

V. Ganz kurz über das Eintragungsverfahren

Im ungarischen Recht ist für das Eintragungsverfahren der Firmen das für den Sitz der Gesellschaft zuständige Gericht zuständig und die Handelsregister werden durch die Handelsgerichte geführt.
Das Verfahren erfolgt völlig elektronisch, die Dauer des Eintragungsverfahrens soll gem. Hauptregel 15 Tage betragen.
Bei bestimmten Rechtsformen ist die Eintragung einer neuen Firma in einem so genannte vereinfachten Firmenverfahren möglich. In diesem Fall wird die Errichtungsurkunde der Firma aufgrund eines als Anlage zum Gesetz vorgesehenen Musters angefertigt. Das Verfahren ist auf diese Weise schneller und billiger. Die Eintragung der neuen Firma kann sogar in 24 Stunden stattfinden. Ein Nachteil hierbei ist, dass eine Abweichung vom Mister nicht zulässig ist.

Budapest, den 25. August 2013

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